Chop Shop by Yves Jaques

Seite Drei

 

Ter Bursche singt sein Liedchen langsam. Die Zeit bleibt stehen. Nachdem er geendet hat, sehe ich, dass Toadys Augen in ihre Höhlen zurückgedreht sind, er hat seinen Kopf in den Nacken geworfen. Er hat eine Schwäche für Schnulzen. Der Mann bekommt eine Gänsehaut, wenn er Nat Cole hört.

„Schon kapiert“, krächzt Toady, und sein Glasauge ist nasser als je zuvor. Sein Kopf rollt in meine Richtung und er meint: „Schau, was wir gefunden haben, Jimmy. Schau, was wir hier am Straßenrand gefunden haben. Sieht ganz so aus, als hätten wir ’was zum Spielen gefunden, einen niedlichen kleinen Boy. Welch Freude.“ „Ich weiß nicht, mir kommt er ein wenig seltsam vor.“ Sage ich.

Toady bringt sein Gesicht direkt vor meines und sagt: „Versuch bloß nicht, für mich zu wählen. Das weißt du ganz genau. Versuch verflucht noch mal nicht, für mich zu wählen! Ich suche aus. Du fährst. Kapiert?“

Zumindest sah Toady mich nie als Spielzeug an. OK, auch mich benutzt er, das schon. Aber er benutzt mich gut. Jedenfalls bin ich ihm nicht mager genug. Ich bin ihm nicht schmutzig genug. Und Toady hat gern einen Fahrer. Er hat mich vor zwei Jahren aufgegabelt, in dem Sommer, als ich bei Earl Scheib für neunundneunzig Dollar lackiert habe. Da gab es fünf Farben zur Auswahl, und wenn man schließlich etwas übersprayt hat, dann war die Scheiße fertig, Kumpel. Ein Jahr später würde die Farbe abgehen, und man müsste wieder von vorn beginnen. Es war der K-Mart der Autolackierer.

Toady kam her, weil sein Lackierer im Krankenhaus war – er hatte sich beide Flossen verletzt, als er in der Wohnung seiner Freundin ein paar Löcher in die Wand boxte. Stinksauer, weil sie ihm gestanden hatte, dass es vielleicht nicht sein Baby war. Toady meinte dazu irgend etwas wie: „Da boxt er durch Gipswände, und was hat er davon: Gipsverbände an den Händen.“ Ich dachte, Toady wäre irgendwie komisch. Ich erinnere mich, dass ich damals dachte, der Lackierer habe sich wie ein richtiger Vollidiot aufgeführt. Normalerweise versucht die Braut, dich davon zu überzeugen, dass es deines ist, damit du ihr das Geld für eine Abtreibung gibst, oder noch schlimmer, Unterhalt für das Kind zahlst.

Dieser Bursche, der auf unserem Rücksitz saß, wirkte ganz so, als müsse irgendwer für ihn Unterhalt zahlen. Süße Sechzehn, wenn er überhaupt so alt ist. Wir jagen mit Vollgas die Straße zurück, durch die späte Nachmittagssonne. Ich frage den Burschen nach seinem Namen. Er antwortet nicht. Toady meint: „Ich denke, „Boy“ würde ganz gut zu ihm passen.“

Der Benz füllt sich mit süßem Zigarrenrauch. Und zwischen den Zügen, die er nimmt, beginnt Boy wieder damit, er beginnt zu singen. Wirklich langsam jetzt. Eine Zeile nach der anderen: „Für zweihundert Dollar bekommt ihr es beide, ein dreckiges Loch, in das ihr eure große Stange --- tauchen könnt.“

Ich drehe meinen Kopf halb nach hinten, ein Auge immer noch auf der Straße, und sage: „Nur er. Ich nicht.“

Und Boy streckt eine Hand aus, verstrubbelt mir die Haare. „Wo ist das Problem, Süße? Will Daddy nicht teilen?“ Er lacht.

„Er ist nur der Fahrer“, sagt Toady. „Ich teile nicht gern.“

„Wohin fährst du uns? Nach Hause, James?“, fragt Boy.

„Mein Name ist Jim.“ Sage ich. „Und ich bin kein beschissener Chauffeur.“

„Nun, du hast jedenfalls nicht die Hosen an. Das kann ich sehen.“ Er lässt sich gegen den Rücksitz fallen und zieht laut an seiner Zigarre. „Was musstest du tun, um zum Fahrer aufzusteigen, Jimmyboy? Holst du Kaffee und Kuchen?“

„Ich habe einen Dreck dafür getan, du kleines Arschloch.“ Ich greife mit einer Hand zurück, erwische seine stinkende Lederjacke auf einer Seite und halte ihn am Revers fest. Ich versuche, mit meinen Fingern auch das Revers auf der anderen Seite zu erwischen, aber der Bursche drückt seine Swisher auf meinen Handrücken. Mit einem Ruck ziehe ich meine Hand nach vor. „Der Hurensohn hat mich gerade verbrannt.“ Ich brülle.

„Lass den Jungen in Ruhe“, sagt Toady. „Er albert nur herum.“

„Albert nur herum. Scheiße. Er hat mich verflucht noch mal verbrannt.“

„Entspann dich, Jimmy“, sagt Toady. Er bläst eine Rauchwolke aus und dreht sich lächelnd zu Boy um. „Wir arbeiten in einem Chop Shop. Hast du Lust auf ein kleines Chop, Chop, Chop?“

Boy schwingt seine Swisher durch die Luft, wie ein kleines Entermesser. Lächelt. Raucht.

 

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